Auspicia

12 Fotografien
(Campo Verano – Grabmale & Palmen)
Pigmentdruck auf Barytpapier, gerahmt
35 × 52,5 cm bis 80 × 120 cm

21 Fotografien
(Campo Verano – Stare)
Pigmentdruck auf Wallpaper, Stiftnägel
15 × 22,5 cm bis 80 × 120 cm

8 Textfragmente, Plottbuchstaben

Grafik: Leila Tabassomi

 

Jeden Winter wird der Himmel Roms von riesigen Starenschwärmen bevölkert – überwinternde Zugvögel aus Nordeuropa. Hunderttausende kleine schwarze Punkte formen sich zu Wolken, die in atemberaubendem Tempo ihre Form verändern und dabei wie ein einziger Organismus wirken.

Jeden Winter wird der Campo Verano, Roms größter Friedhof, zum Sonnenuntergang von einer ohrenbetäubenden Kakophonie erfüllt, wenn hunderttausende Stare sich in seinen Bäumen zum Schlafen niederlassen. Der konstante Niesel des Starenkots hat den Friedhof unter einer monochromen, beißenden Schicht begraben, vor dem sich die Römer mit Plastikfolien zu schützen versuchen.

AUSPICIA bedeutet Vogelschau im Wortsinn (lat. auspicium ‚Vogelschau‘, von lateinisch avis ‚Vogel‘ und spectare ‚schauen‘) und bezieht sich auf die alte römische Praxis, die Zustimmung der Götter für wichtige Entscheidungen zu erfragen – auch die genaue Lage Roms wurde so bestimmt.

Nicht immer haben Stare in Rom gelebt oder dort überwintert. Die erste Erwähnung als überwinternder Zugvogel stammt aus dem Jahr 1926 und erst ab 1970 leben sie auch ständig in der Stadt, Grund ist der Klimawandel und Veränderungen in Industrie und Landwirtschaft. Seit einigen Jahren sind die überwinternden Stare ein großes, kaum beherrschbares Problem für die Stadt Rom, insgesamt gibt es rund 17 Orte in der Stadt, die die Stare als Schlafplätze auserkoren haben.

AUSPICIA schaut auf Starenschwärme und verhüllte Gräber. Letztendlich geht es um die Unerreichbarkeit von Kontrolle und des Menschen unablässige, aber vergebliche Versuche, sie auszüben.

 

Alle Bilder sind auf dem römischen Zentralfriedhof Campo Verano entstanden.

Neben den Bildern mit den verpackten Grabmalen und den Starenschwärmen gibt es acht Textfragmente. Sie stammen aus verschiedenen Quellen und sind auf der Wand in Originalsprache wiedergegeben. Es gibt ein Handout mit Übersetzungen:
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Textfragment 3:

Most of the starling’s food habits have been demonstrated to be either beneficial to man or of a neutral character. [...] With its ready ability to adapt itself to new environments, the starling possesses almost unlimited capacity for good [...].


»Economic Value of the Starling.« United States Department of Agriculture, 1921.

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Übersetzung ins Deutsche:

Die meisten Ernährungsgewohnheiten des Stars haben sich entweder als nützlich für den Menschen oder als neutral erwiesen. (....) Mit seiner Fähigkeit, sich an neue Umgebungen anzupassen, besitzt der Star fast unbegrenzte Kapazitäten für das Gute (....).

"Ökonomischer Wert des Stars." Landwirtschaftsministerium der Vereinigten Staaten, 1921.

Textfragment 4:

Lo Storno è stato oggetto di numerosi tentativi di controllo cruento in tutto il mondo, ma senza risultati apprezzabili sul medio-lungo termine (« no long-term solution »).
Cosa non funziona:
– veleni
– detergenti sparsi sopra ai dormitori da mezzi aerei, che causano la morte per ipotermia, facendo perdere le caratteristiche isolanti del piumaggio
– cariche di esplosivo fatte brillare sotto ai dormitori
– cattura con trappole innescate con cibo
– uccisione con arma da fuoco


Storno (sturnus vulgaris). Ecologia urbana, 2006.

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Übersetzung ins Deutsche:

Überall auf der Welt gab es zahlreiche drastische Versuche, den Star zu bekämpfen, allerdings ohne nennenswerte mittel- bis langfristige Ergebnisse ("no long-term solution").
Was nicht funktioniert:
– Gift
– Reinigungsmittel, die über die Schlafbäume versprüht werden und wegen des Verlustes der Isolationseigenschaften des Gefieders durch Unterkühlung zum Tode führen
– Sprengstoff, der unter den Schlafbäumen gezündet wird
– Fangen mit Fressfallen
– Töten mit Schusswaffen



Starling (sturnus vulgaris). Ecologia urbana, 2006.

Textfragment 5:

« Chiedo che venga trovata una soluzione de nitiva per inserire lo sturnus vulgaris (storno comune) tra le specie cacciabili e limitare i danni consistenti che l’uccello selvatico in questione sta causando all’agricoltura pugliese, essendo in grado di mangiare sino a 5kg di olive al giorno ».
« ... Una direttiva comunitaria ha infatti stabilito un regime generale di protezione per tutte le specie di storno inserendo in maniera erronea la specie dello sturnus vulgaris tra le specie protette e in via di estinzione ... »

Il consigliere regionale Pd in una nota indirizzata all‘assessore all’Agricoltura e agli europarlamentari pugliesi, dicembre 2014.

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Übersetzung ins Deutsche:

"Ich fordere, dass eine endgültige Lösung gefunden wird, um den "sturnus vulgaris" (Gemeiner Star) in die für die Jagd freigegebenen Arten aufzunehmen und damit die erheblichen Schäden, die der betreffende Wildvogel der apulischen Landwirtschaft zufügt, zu begrenzen, da er bis zu 5 kg Oliven pro Tag fressen kann.
"... Eine Richtlinie der EU hat in der Tat alle Arten des Stares unter Schutz gestellt und hat irrtümlich die Art "sturnus vulgaris" in die geschützten und gefährdeten Arten aufgenommen ..."

Der Regionalrat der demokratischen Partei in einem Schreiben, das im Dezember 2014 an den Landwirtschaftsrat und die apulischen Abgeordneten der EU gerichtet war.